Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.

 San Giovanni di Moriani liegt oberhalb der Ostküste Korsikas in der traditionsreichen Gegend der Castagniccia (Kastanienwald), ca. 40 Kilometer südlich von Bastia auf einer Höhe von 600 Metern über dem Meer.

Während viele andere Teile Korsikas massentouristisch stark erschlossen sind, findet man hier noch ursprüngliche und lebendige korsische Bergdörfer. Daß hier die Einwohnerzahlen im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden seit Jahren im Steigen begriffen sind liegt sicherlich einerseits an der günstigen Lage oberhalb der Küste, nur 9 Kilometer von der Hauptverkehrsader Korsikas, der Route Nationale 198 (Bastia-Bonifacio) entfernt. Andererseits aber auch an den großen Bemühungen der Gemeindeverwaltung die Infrastruktur stetig zu verbessern, grünen Tourismus anzusiedeln und nicht zuletzt die Dorfgemeinschaft zu stärken.

San Giovanni steht hiermit in der Tradition der Castagniccia die seit dem 16. Jahrhundert bis zum Ende des ersten Weltkriegs als die dichtbesiedeltste und reichste Gegend Korsikas galt. Zahlreiche große Herrenhäuser in den einzelnen Ortsteilen legen hiervon Zeugnis ab.


 Spuren der Besiedlung gehen bis in die Zeit der Megalithiker zurück, deren Reste von Behausungen an mehreren Stellen der Umgebung wie z.B. auf dem Felsen "Castellu Vechju" gefunden wurden. Später waren es dann u.a. die Römer die sich nicht weit von hier niederließen. Die Ruinen ihrer Hauptstadt können ca. 40 Kilometer weiter südlich im heutigen "Aleria" besichtigt werden.

Zudem war Korsika und somit auch der Kanton des Morianincu in dem San Giovanni liegt, immer wieder das Ziel von Einfällen germanischer und maurischer Stämme. Die Legende der Calcagnetta gibt hiervon Zeugnis :

"Vor langer Zeit schwemmte das wütende Meer drei Boote unter weißen Segeln an die Strände von Padulella. Ein Hirte, der in der Nähe seine Herde weidete näherte sich und erkannte nach einer langen Zeit des Wartens, im Innern der Boote seltsame Tiere in Form von großen weißen und roten Ameisen in der Größe eines Zickleins. Nachdem er diese Geschehnisse seinen Vertrauten erzählt hatte, verbreitete sich die Nachricht in den Weilern des Bergtals von Morianincu und in der Morgendämmerung des folgenden Tages begaben sich die Männer von Reghjetu, Cioti, Serra, Serrale, Tribbiolu, Piazze und Coccula zu dem Ort den der Hirte genannt hatte. Aber die Boote waren verschwunden. Diese Männer mit ihren blonden Haaren und grauen Augen waren wahre Riesen. Sie suchten lange Zeit und fanden schließlich nahe der Mündung des Bucatoghju aufgereiht am Rande des Flusses die großen Ameisen. Sie erkannten, daß diese ein menschliches Gesicht hatten und von dreien bis an die Zähne bewaffneten schwarzen Männern bewacht wurden, denen die Männer des Morianincu Milch und Käse anboten.

Ein Pakt wurde geschlossen zwischen beiden Gruppen. Die jungen Männer erhielten die Erlaubnis die weiblichen Zwerge zur Frau zu nehmen, alle mit Ausnahme der Schönsten "Bellafiora", die ihre Königin war. Und so wurden Hochzeiten gefeiert und es gab nur noch Gesang, Tanz und Musik bis zu dem Tag an dem ein Mann aus Coccula, zutiefst verliebt in Bellafiora, sie auf ein Pferd hob und entführte. Vor der Überquerung des Flusses und an einem Ort namens "Malanotte" angekommen, stolperte das Pferd und ertrank im tiefen Wasser im selben Augenblick wie "Bellafiora", die vor ihrem Tode noch schrie . "Verflucht sollen sie sein" !

Im selben Augenblick erhob sich ein dichter Nebel und bedeckte die Höhen des Pieve von Morianincu und als der Tag dämmerte begann der Fluch.

Der junge Mann wie auch sein Vater wurden von einem Übel befallen, welches sie an der Ferse traf. Dasselbe Übel befiel darauf alle Männer und ausschließlich die Männer, und weil diese Krankheit in der Ferse ihren Ursprung nahm wurde sie "A Calcagnetta" genannt.

Daraufhin sah man im Morianincu nur noch verlassene Häuser, verlorene Menschen und Kadaver die von den Raben gefressen wurden. Die Kranken schleppten sich unter Schmerzen bis zu einem Gipfel der über dem Tal aufragte, dort wo sich heute die Kapelle von San Mamilianu befindet und auf dem Vorplatz wo ein großes Gemeinschaftsgrab ausgehoben worden war, warteten sie auf den Tod. Sobald weitere Kranke kamen, so stießen diese die Todgeweihten in die Grube und nahmen deren Platz ein. Und so ging es weiter für lange Zeit.....

Auf diese Art und Weise verschwanden mit der Zeit alle Männer des Morianincu. All diese riesigen Männer, geschaffen für die Arbeit und den Krieg !...."

Vor einiger Zeit, als der Platz vor der Kapelle geebnet werden sollte, ließ die Gemeinde von San Giovanni einen Graben ausheben um darauf eine Mauer zu errichten. Groß war die Überraschung als hierbei eine Vielzahl von Gräbern gefunden wurde, die mit Schädeln und verschiedenen menschlichen Gebeinen gefüllt waren. Ein Anthropologe aus der Gegend von Bastia konnte anhand von Messungen der Knochen feststellen, daß die Skelette Menschen gehörten, deren Größe zwischen 1.72 und 1.78 Metern maß, was sie zu wahren Riesen für dieses Zeitalters macht.


 Ort dieser Erzählung ist die Kapelle von "San Mamillianu" die 180 Höhenmeter oberhalb des Dorfes im Rahmen mehrerer gut beschilderter Wanderungen, sowie des kommunalen botanischen Wanderpfads besucht werden kann.

Kapelle San MamilianuKapelle San Mamilianu

Reichtum und Bevölkerungswachstum kamen später in den Jahren ab Anfang des 16. Jahrhunderts mit der genuesischen Besetzung in die Castagniccia. Die Besatzer versuchten die korsischen Einwohner, die nur schwer zu kontrollieren waren, mittels der Anpflanzung eines riesigen Kastanienwaldes unter ihre Herrschaft zu bringen. Es wurde verpflichtend beschlossen, daß jede in der Region ansässige Familie Kastanienbäume pflanzen und mit deren Früchten Handel treiben mußte. Das Fällen eines Baumes wurde in der damaligen Zeit mit dem Tode bestraft. Dies führte in der Folgezeit zur Ansiedlung vieler verschiedener Handwerke (Schreiner, Pfeifenmacher, Korbflechter etc.) sowie zu einer intensiven Schweinezucht auf der Basis einer Kastanienfütterung. Noch heute ist die Viehzucht überall in der Region anzutreffen und auch die traditionellen Produkte auf Kastanienbasis sind weiterhin sehr begehrt. Sie werden heute unter hohen Qualitätsmaßstäben hergestellt. Die Palette der Lebensmittel reicht dabei vom Kastanienbier der Marken Pietra und A Tribbiera bis hin zur Herstellung feinster Pralinen (Marrons Glaces). Nicht zu verschweigen sind dabei auch die vielen hervorragenden Wurstwaren, wie etwa Coppa, Lonzu, Prisuttu, Figatelli etc. die in San Giovanni bei mehreren Erzeugern direkt zu erwerben sind. Hiervon müssen die oft minderwertigen Produkte der Massenherstellung, die unter dem Label Korsika und oft unter Zusatz von chemischen Stoffen in den Supermärkten zu kaufen sind, unterschieden werden.

Trotz der Bemühungen der Menschen die jahrhundertealten Kastanienbäume zu pflegen sind die meisten der damals angelegten Terrassen heute verwildert. Die Gegend bietet dem Naturliebhaber unvergleichlich wild-romantische Wanderwege inmitten einer uralten Kulturlandschaft.

In der Folgezeit machte sich die Castagniccia dann einen Namen als Herz der korsischen Widerstandsbewegung. Der Vater der korsischen Nation, Pasquale Paoli, wurde in Morosaglia am Westhang der Castagniccia geboren und führte das korsische Volk in den Kampf gegen die französische Besatzungsmacht, welche die Insel am 15. Mai 1768 der Republik Genua abgekauft hatte. Hierbei ist Pasquale Paoli, was noch immer wenig bekannt ist, als Wegbereiter der Demokratie anzusehen, der noch vor der französischen Revolution deren Ideale vertrat und u.a. auch vor allen anderen Nationen das Wahlrecht der Frau einführte. Die leider nicht von Erfolg gekrönten Versuche aus Korsika eine eigenständige Nation zu formen, führten dazu, daß Pasquale Paoli im Jahre 1739 von Moriani Plage, dem damals Padulella genannten Hafenort unterhalb von San Giovanni ins Exil nach England aufbrechen mußte.

Der Niedergang der Kastanienkultur begann in der Zeit der Industrialisierung und im Taninfabrik FolelliTaninfabrik FolelliBesonderen mit dem Bau der Taninfabriken in Folleli und Barchetta, die heute nur noch in Ruinen erhalten sind. Zur Herstellung dieses Gerbstoffes wurden viele Tausend Kastanienbäume gefällt.

Bahnhof Moriani PlageBahnhof Moriani PlageBesonders hart traf die Castagniccia, wie auch den Rest der Insel, die Zeit von 1914 bis 1918. Während des ersten Weltkriegs wurden viele korsische Männer von der französischen Regierung quasi als Kanonenfutter in den Krieg geschickt, was zu einer drastischen Reduzierung der Einwohnerzahlen führte. Heute wird behauptet, daß die korsische Tracht der Frauen vor allem aus schwarzen Kleidungsstücken besteht. Dies ist darauf zurückzuführen, daß viele der ersten Reisenden erst nach dem ersten Weltkrieg nach Korsika kamen und die Trauerkleidung der Frauen als traditionelle Tracht ansahen.

FolleliFolleliIn der Folgezeit verfielen viele Dörfer, Felder wurden nicht mehr bestellt und die seit Jahrhunderten gepflegte Terrassenwirtschaft verwilderte immer mehr, da es an männlichen Arbeitskräften fehlte.

Der Einsatz der Amerikaner während des zweiten Weltkriegs sorgte im JahrWasserfall UcellulineWasserfall Ucelluline 1944 dafür, daß die ehemals praktisch unbewohnbare Küstenebene durch enorme Giftspritzungen von der Malaria befreit wurde. Der ursprüngliche Name des Küstenorts Moriani Plage lautete "Padulella", was auf das Wort Palludisme (Malaria) zurückzuführen ist. In der Nähe von Moriani Plage wurde in den Kriegsjahren ein strategisch wichtiges Flugfeld aufgebaut, von dem aus Einsätze bis nach Deutschland geflogen wurden. Zudem entstand dort während dieser Zeit ein Militärkrankenhaus für Kriegsverletzte. Gab es vorher nur wenige Häuser in der ansonsten verwilderten Ostebene, entstanden nach Ende des Kriegs nun die Küstenorte mit ihrer touristischen Infrastruktur. Nutznießer dieser Entwicklung waren dann jedoch vor allem französische und italienische Unternehmer die in den neu entstandenen Tourismus investierten.

In der Folgezeit setzte aufgrund fehlender Verdienstmöglichkeiten für die Inselbevölkerung eine starke Landflucht ein, die dafür sorgte daß die ohnehin schon entvölkerten Dörfer noch weiter verfielen. Allein in den Jahren zwischen 1954 und 1977 verliessen 55000 Korsen die Insel um ihr Einkommen auf dem Kontinent zu verdienen. Immer wieder trifft man seitdem auf seinen Wanderungen auf verlassene Siedlungen, die aus diesem Grunde aufgegeben wurden und nun von Brombeersträuchern immer weiter überwuchert werden.

Mit dem Aufkommen des grünen Tourismus können seit einigen Jahren nun auch die Dörfer der Castagniccia wieder profitieren. Die Infrastruktur wurde verbessert, Ferienwohnungen aufgebaut, Wanderwege angelegt usw. Hierbei nehmen besonders San Giovanni und seine Nachbargemeinden einen herausragenden Standpunkt ein, da durch die örtlichen Organisationen ein großes Netz von Wanderwegen geschaffen wurde, welches auf der Insel seinesgleichen sucht. Die unmittelbare Nähe zum Meer tut ihr Übriges um die Region zu einem optimalen Urlaubsort werden zu lassen.